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' Die Ausstellung zeigt auf zwei Stockwerken ausgewählte Werke zweier Bildhauer, die ihre Konzentration auf das Wesentliche und Elementare, das Sichtbarmachen der Prinzipien und Möglichkeiten von Skulptur und Material ebenso verbindet wie eine eigenständige Bildhauerzeichnung, die nicht mehr wie gewohnt der Vorbereitung oder nachträglichen Dokumentation von Skulptur dient, sondern als zusätzliches Medium neben sie tritt, sie ergänzt, erweitert und - wie hier exemplarisch zu sehen - sogar einen produktiven Dialog mit ihr zu führen scheint. Neben diesen Gemeinsamkeiten sind es aber vor allem die Unterschiede, die diese Ausstellung für den Betrachter so interessant und abwechslungsreich machen. Beide Künstler arbeiten mit unterschiedlichem Material: Gert Riel mit industriell gefertigtem Metall, das wie bei den hier gezeigten zwei Reliefs aus dem letzten Jahr zusätzlich matt bzw. glänzend lackiert ist und somit eine weitere Brücke zur Malerei, zu einer dreidimensionalen Malerei im Raum schlägt. ln der einzigen farbigen Arbeit der Ausstellung spiegelt sich zudem die Umgebung, der Ausstellungsraum ebenso wie der Betrachter im roten Lack, sodass diese Teil des Kunstwerks werden.
Das von Gert Riel im und mit dem Material des Stahls und später auch des lackierten, also mit einer Haut aus Farbe überzogenen Aluminiums- wie bei den beiden hier gezeigten Wandobjekten bzw. Farbkörpern- sichtbar gemachte Prinzip ist vor allem das der Spannung und der hinter dieser Spannung stehenden, dem Material inhärenten Energie. WährendNikolaus Kernbach das dem Stein innewohnende Prinzip der Schichtung verdeutlicht, indem er den Stein inSchichten spaltet und erneut aufschichtet, setzt Gert Riel das im Metall gleichsam schlummernde Potenzial der Spannung und Energie ins Bild, indem er die Metallplatten durch Druck biegt und so in eine dynamische Form bringt, die den Eindruck erweckt, in die Ausgangsform zurückschnellen zu wollen - eine Vorstellung, die bei seinen früheren Arbeiten
noch durch gespannte, dem Druck anscheinend widerstehende Stahlbänder verstärkt wird. Bei den Metallplastiken ebenso wie bei den Kohlezeichnungen von GertRiel kann mangenauerauch von "Flächenspannung" sprechen, bei der sich nicht nur Spannung, sondern auch realer Raum und fiktive Räumlichkeit aus der Fläche, aus der Metallplatte einerseits sowie gezeichneten Umrissen bzw. Flächen andererseits entfalten. Während es das Bestreben von Künstlern wie Kasimir Malewitsch mit seinem schwarzen Quadrat und Ad Reinhardt mit seinen schwarzen Leinwänden war, alle Räumlichkeit aus dem Bild zu verbannen, um ihm eine vom Gegenstand befreite Autonomie zu ver1eihen, gelingt es Riel, mit ebenso minimalen Mitteln wie Linie und Fläche, Schwarz und Weiß eine Räumwirkung, Spannung und Energiegeladenheit - die sich bei den ausgefransten schwarzen Formen wie bei Sonneneruptionen zu
entladen scheint- zu erzeugen, die seinen Plastiken nicht nur vergleichbar ist, sondern gleichrangig neben ihr steht. Und mit seinen lackierten Aluminiumskulpturen vollzieht Riel schließlich- wie bereits angesprochen- einen weiteren konsequenten Schritt hin zu einem dritten Medium neben Skulptur und Zeichnung, nämlich dem der Malerei, wobei sich die Farbwerte und -abstufungen nicht durch eine Mischung der Farben, sondern allein aufgrundvon Biegungen, Einschnitten, Lichteinwirkung und -reflexionen sowie dem Betrachtungswinkel ergeben, sodass man bei Riet nicht nur von Bildhauerzeichung, sondern auch von einer genuin bildhauerischen oder skulpturalen Malerei sprechen kann.
Auszug aus dem Vortrag von Dr. Ferdinand Messner M.A. anlässlich der Eröffnung der Ausstellung "Nikolaus Kernbach - Gert Riel: Skulptur und Zeichnung" am 13.7.2014 in der Galerie im Torhaus Leutkirch
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